Rechtssicherheit bei Gehaltszahlung
Gehalt in Zeiten der Corona-Krise – dieses Thema wirft Fragen auf. Viele Medien und auch das Bundesarbeitsministerium haben aus aktuellem Anlass FAQs zum Thema „Coronavirus und Arbeitsrecht“ veröffentlicht. Dabei vermitteln diese häufig den Eindruck, diese Fragen seien rechtlich klar geregelt. Das ist indes leider doch nicht immer der Fall.
Angesichts der zunehmenden Zahl von Quarantänemaßnahmen stellt sich vor allem die Frage, ob ein gesunder Arbeitnehmer in Quarantäne Anspruch auf Gehalt hat. Zwar gilt der Grundsatz: „ohne Arbeit kein Lohn“, aber – kein Grundsatz ohne Ausnahmen. Die wohl bekannteste Ausnahme, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, scheidet beim gesunden Mitarbeiter offensichtlich aus. Eine weitere schon nicht mehr so bekannte Ausnahme regelt § 616 BGB. Danach muss der Arbeitgeber auch dann das Gehalt zahlen, wenn der Arbeitnehmer „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden“ an der Arbeitsleistung verhindert ist. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer auch nach dieser Vorschrift keinen Gehaltsanspruch hat, sieht das Infektionsschutzgesetz einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Gehalts vor. Sie merken schnell, dass das Thema Gehalt in Zeiten der Corona-Krise durchaus umfänglich ist.
Hintergründe zum Gehalt in Zeiten der Corona-Krise
Was auf den ersten Blick wie ein akademischer Streit anmutet – was es für den Arbeitnehmer auch sein kann – ist für Arbeitgeber von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Zwar muss der Arbeitgeber auch den Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz zunächst an den Arbeitnehmer zahlen, er erhält diesen Betrag aber in voller Höhe vom Staat erstattet.
Dem Vernehmen nach werden als Verdachtsfälle eingestufte Personen derzeit für 14 Tage in häusliche Quarantäne gestellt. Ist dies noch eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne des § 616 BGB? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nimmt das Gesetz mit dem Wort „verhältnismäßig“ Bezug auf das Verhältnis zwischen Dauer des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitraum des Ausfalls des Arbeitnehmers. Das würde bedeuten, dass ein langjähriger Arbeitnehmer durchaus seinen Gehaltsanspruch für eine zweiwöchige Quarantäne nach § 616 BGB hätte, während ein gerade erst eingestellter Kollege keinen solchen Anspruch hätte. Dieses Ergebnis mutet nicht nur befremdlich an. Es steht zu befürchten, dass auch die Behörden mit der Einzelfallprüfung überfordert wären. Gehalt in Zeiten der Corona-Krise rückt mittlerweile in einen nie dagewesen Fokus des Rechtssystems.
Dass eine infektionsschutzbedingte Quarantäne einen „in der Person des Arbeitnehmers“ liegenden Grund für die Nichterbringung der Arbeitsleistung darstellen kann, steht nach Auffassung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1978 fest. Jener Entscheidung lässt sich auch ein Lichtblick für Arbeitgeber entnehmen: § 616 BGB kann arbeitsvertraglich ausgeschlossen werden. Dann hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgelt, sondern einen Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz (der dem Arbeitgeber ja erstattet wird). Unbefriedigend ist indes auch dieser Ausweg, jedenfalls wenn kein Tarifvertrag Anwendung findet. Denn auch für Arbeitsverträge gelten die verbraucherschützenden AGB-Vorschriften. Klauseln eines Arbeitsvertrages sind daher im Zweifel unwirksam, wenn sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren sind. Ein vollständiger Ausschluss des § 616 BGB wird danach überwiegend für unwirksam gehalten.
Welche Lehren folgen daraus?
Es wäre sicher wünschenswert, dass der Gesetzgeber den Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz an die Stelle eines Anspruchs nach § 616 BGB setzen würde. Das würde den Bereich Gehalt in Zeiten der Corona-Krise sicherlich eindeutiger wirken lassen. Jedenfalls für derart massive Maßnahmen, wie sie bei dem derzeitigen Versuch der Eindämmung der Coronavirus-Ausbreitung stattfinden. Die Tarifvertragsparteien werden möglicherweise die Modifizierung von § 616 BGB künftig stärker in den Blick nehmen, zumal den Arbeitnehmern kein materieller Schaden droht. Gehalt in Zeiten der Corona-Krise ist ein Gebiet auf das wir uns mittlerweile spezialisiert haben.
Was raten wir unseren Mandanten?
Arbeitgebern ist zu raten, ihre Arbeitsverträge zu überprüfen. Es wird allerdings einigen juristischen Aufwands und Fachwissens bedürfen, nicht „das Kind mit dem Bade auszuschütten“ (was zur Unwirksamkeit der Regelung führen würde). Es zeigt sich aber einmal mehr, dass die sorgfältige Gestaltung der Arbeitsverträge eine sinnvolle Investition sein kann. Gehalt in Zeiten der Corona-Krise ist ein Thema, welches ohne eine kompetente anwaltliche Beratung zu tatsächlichen Problemen führen kann. Vorsicht bitte bei Veröffentlichungen im Internet. Diese müssen wirklich geprüft werden, bevor man eine rechtliche Sicherheit daraus ableiten kann. Lassen Sie sich lieber anwaltschaftlich persönlich zum Thema Arbeitsrecht und Gehalt in Zeiten der Corona-Krise beraten.
Gehalt in Zeiten der Corona-Krise – Beratung
Sicherlich können solche komplexen Themen nicht in einem kurzen Beitrag umfänglich beantwortet werden. Wir bieten unseren Mandanten daher immer ein unverbindliches Beratungsgespräch an. Melden Sie sich gerne telefonisch, per Mail oder vereinbaren Sie einen persönlichen Termin. Sicherlich können wir Ihnen eine kompetente Beratung bieten, die exakt auf den Einzelfall abgestimmt ist. Mittlerweile haben wir einen anerkannten Expertenstatus bei dem Thema Gehalt in Zeiten der Corona-Krise.